Cate Le Bon Pompeji

„Pompeii“, Cate Le Bons sechstes Studioalbum in voller Länge und der Nachfolger des 2019 von Mercury nominierten Albums „Reward“, trägt einen geschichtsträchtigen Titel, der die Apokalypse beschwört, aber die Metapher stellt jede „Analyse der Unmittelbarkeit“ in den Schatten, sagt Le Bon. Um ihre Anspielung auf die durch die Doppelkatastrophe verursachte Desorientierung nicht herunterzuspielen – die globale Pandemie und die aufeinanderprallenden Öko-Traumata des Klimanotstands klingen allzu unheimlich nach. „Was wäre deine letzte Geste?“ Sie fragt. Doch gerade während der Vesuv aktiv bleibt, greift Pompeji über die aktuellen Krisen hinaus, um das zu erschließen, was Le Bon „eine Ökonomie des Zeitsprungs“ nennt, in der das Leben tobt, sprudelt, Falten wirft, schmilzt, verhärtet und sich unvorhersehbar neu formiert, wie Lava – oder vielmehr Klang . Wie sie im Opener „Dirt on the Bed“ sagt: Der Klang verschwindet nicht / In gewohnter Stille / Er erfindet die Oberfläche / Von allem, was man berührt, neu. „Pompeii“ ist klanglich teilweise minimalistisch und seine Texte bewegen sich zwischen Selbstreflexion und direkter Ansprache. Obwohl die Verletzlichkeit „verdeckt“ ist, stellt sie Le Bons Tendenzen zur Ironie in Frage.

Le Bon wurde hauptsächlich für den Bass geschrieben und völlig allein in einem „ununterbrochenen Vakuum“ komponiert. Sie spielt jedes Instrument (außer Schlagzeug und Saxophon) und hat das Album größtenteils alleine mit ihrem langjährigen Mitarbeiter und Co-Produzenten Samur Khouja in Cardiff, Wales, aufgenommen. Durch die erzwungene Zeit und den erzwungenen Raum wurden Grenzen verschoben, was zu einer noch extremeren Version von Le Bons Studioprozess führte – als die Ausgänge versiegelt wurden, erteilte sie sich „die Erlaubnis, ihre Identität zu vernichten“.